Kollaborative Kommunikation im Verein

Wir predigen in unseren Kursen und Podcastfolgen immer, dass die Öffentlichkeitsarbeit nicht an einer einzigen Person hängen bleiben soll. Stattdessen soll sie als Teamwork verstanden werden, so dass alle Vereinsmitglieder die Kommunikation mitdenken. Um zu konkretisieren, wie das funktionieren kann, besprechen wir heute drei konkrete Möglichkeiten für kollaborative Kommunikation:

Lieber auf die Ohren? Diesen Beitrag gibt es auch als Podcast!

Die erste Möglichkeit: Inhalt und Medium trennen

Gemeint ist damit folgende Trennung:

1. Inhalt: Worüber möchten wir reden? Was für eine Geschichte wollen wir erzählen? Was für einen Standpunkt möchten wir vertreten und mit welchen Argumenten?

2. Medium: Schreiben wir dazu einen Text, machen wir dazu eine Infografik, ein Video…?

Durch die Trennung kann sich eine Person um die inhaltlichen Aussagen kümmern und die andere erschafft dann die eigentlichen Medien, z.B. den Text.  Oft hat eine Person etwas Interessantes zu erzählen, hat aber selber keine Lust oder Zeit, das aufzuschreiben. Texte zu schreiben ist für viele Menschen als unangenehm empfundene Aufgabe. Dann schnappt man sich eine andere Person, die das gerne machen möchte/ein Talent hat/Lust dazu hat und lässt die das Ganze aufschreiben.

Man könnte diesen Prozess als Interview mit Fragen aufziehen, oder theoretisch sogar Ghostwriting betreiben. (Ehrlich gesagt würde ich das Vereinen nicht empfehlen. Wir sind ja keine Promis, die unsere Biographie auf den Markt bringen wollen…)  im Vereinskontext fände ich es charmanter, transparent zu kommunizieren: „Wir haben unsere talentierte Schreiberin Susi, und die interviewt jetzt die langjährigen Vereinsmitglieder und kitzelt die besten Geschichten aus ihnen raus“, aber das ist natürlich eure Entscheidung! Denkt auf jeden Fall mal drüber nach, was für Leute ihr in eurem Verein habt, die gerne bei der Öffentlichkeitsarbeit oder der Kommunikationsarbeit aktiv mithelfen wollen. Wenn ihr dieses Talent in euren Reihen habt, nutzt es! Es ist in dem Fall nicht schlimm, wenn die Schreiberin Susi selber noch nicht so lange dabei ist und noch nicht so viel miterlebt hat.

Die zweite Möglichkeit: Sammlungen erstellen

Mit „Sammlungen“ meine ich, sich ein Thema oder eine Frage rauszupicken und dann die Antworten oder Statements mehrere Vereinsmitglieder zu sammeln.  

Mögliche Fragen:

  • „Was ist eurer Lieblingsbuch oder -film zu dem [Vereins-]Thema?“
  • „Was war euer schönster Moment im Engagement?“
  • „Was war euer Jahreshighlight?“

Bei dieser Methode setzt sich eine Person den Hut auf und kümmert sich um die Auswahl der Frage, das Ansprechen der Leute und die Zusammenstellung der Antworten.

Wahrscheinlich muss man einige Statements erst noch ein bisschen glätten und aufbereiten, aber dann hat man tollen Content, den man publizieren kann.

Es setzt sich nicht eine Person hin und schreibt einen 1000-Wort-Artikel über das Thema X, sondern fünf Leute setzen sich hin und schreiben nur zweihundert Wörter. (Das geht schnell von der Hand, glaubt mir!)

Dieser Beitrag ist dann auch vielfältiger als wenn er nur aus der Feder eines Autoren oder einer Autorin kommen würde.

Bei dieser Methode kann man übrigens super die Kommunikationsanlässe für Ehrenamtliche und Vereine nutzen, die wir euch Jahr für Jahr raussuchen!  Für den Tag des Buchs fragt man nach dem Lieblingsbuch;  Für den Tag der Komplimente kann man die Leute fragen „Welches Kompliment hast du in deinem Engagement-, Ehrenamts- oder Vereinskontext schonmal erhalten?“. Unter den Antworten sind sicher schöne und teilenswerte Anekdoten dabei.

Die dritte Möglichkeit: Verschiedene Perspektiven einfangen

Im Gegensatz zu der zweiten Methode, zu den Sammlungen, fokussiert man sich hier auf ein Thema. Also wenn man bei der zweiten Methode zum Beispiel gefragt hätte „Was ist eurer Lieblingsbuch?“, und fünf Leute dann fünf verschiedene Bücher nennen, schaut man sich hier ein bestimmtes Thema an und beleuchtet dieses aus verschiedenen Perspektiven.

Mir fällt da ein Beispiel aus einem Workshop ein: Es ging um potenzielle Missverständnisse als Kommunikationsanlass. Eine Frau, die in einem Turnverein aktiv war, hat erzählt, dass sie oft Missverständnis oder die Annahme hört, man müsse total sportlich sein um diesem Verein beizutreten. Oder dass man schon von ganz jungen Jahren an mit dieser Sportart angefangen haben muss, damit man jetzt mitmachen kann. Und das stimmt eben nicht, sagt sie. Sie hat auch erst spät mit Gymnastik angefangen, es macht ihr Spaß und der Zug ist nicht abgefahren.

Der Sportverein könnte sich also dieses Thema schnappen („erst spät mit Gymnastik anfangen“) und könnte dazu die verschiedenen Perspektiven suchen. Also man könnte zum Beispiel diese Frau nehmen, die jetzt schon seit einigen Jahren in diesem Verein ist (die ist jetzt schon ein alter Hase, war aber früher auch in der Situation), man könnte die Trainerin befragen, was muss man denn beachten muss wenn man erst spät anfängt, wo denn die Unterschiede, wo die Gemeinsamkeiten sind und so weiter. Und dann könnte man zum Beispiel ein neues Mitglied nehmen, was gerade erst seit ein paar Wochen im Verein ist und diese Person fragen, wie das für die ist. Und aus diesen verschiedenen Perspektiven würde sich ein sehr runder und interessanter Beitrag ergeben.

Die Vorteile von kollaborativer Kommunikation

Vorteil 1: Diversität

Zum Einen wird der Text automatisch diverser, wenn man verschiedene Stimmen in seinem Text hat. Es kommen verschiedene Meinungen, Stile und Persönlichkeiten vor. Es ist nicht nur die immergleiche Person, die Pressemitteilungen schreibt, sondern die Vereinsmitglieder selber kommen zu Wort – auch wenn es nur ein ganz kleiner Beitrag ist, indem sie in drei Sätzen erzählen, warum sie diesen Film so gerne mögen.

Vorteil 2: Identifikation

Die Mitglieder identifizieren sich mit der Kommunikation, wenn sie selber daran beteiligt waren.

Wer zu einem Artikel beigetragen hat oder zitiert wird, wird stolz auf dieses Kommunikationsstück sein. Die Mitglieder teilen den Artikel bei Social Media, schicken ihn an Leute weiter oder sorgen anderweitig für die Verbreitung.

Vorteil 3: Arbeitsteilung

Ein sehr pragmatischer Vorteil: Die Aufgaben bleiben nicht bei einer Person hängen.  Wir haben schonmal darüber gesprochen: Folge 100 Was, wenn Leute ihre Aufgaben nicht machen?

Manchmal kommt es vor, dass man eine Aufgabe, zum Beispiel das Kümmern um die Facebook-Seite, an eine Person abgibt und diese dann leider ihren Job nicht macht.

Wenn man das Ganze von Anfang an kollaborativ aufhängt, erinnert man sich gegenseitig daran und Aufgaben können nicht so einfach unter den Tisch fallen. Wenn man zum Beispiel das erste Modell (Inhalt und Medium trennen) nutzt, müssen sich die Personen absprechen und treffen. Wenn man das zweite Modell nutzt, erinnert der/die Koordinator*in die beteiligten Personen an die Abgabe ihrer Statements.

Zur Arbeitsteilung bei der kollaborativen Kommunikation gehört auch, sich gegenseitig zu helfen (zum Beispiel bei der Formulierung eines Textes) und in die eigenen Stärken gehen zu können.   

Ich kann einfach ganz klar sagen: „Hey, ich kann mir super Geschichten ausdenken, aber mit einer Kamera und mit Photoshop umgehen und da ein passendes Bild zu machen, das kann ich nicht.“ Und dann gibt es auch andersrum Leute, die sagen: „Ich liebe es zu fotografieren, gibt mir doch die Kamera und ich mache euch coole Fotos zu dem Thema, aber bei dem Thema an sich kenn ich mich nicht so gut aus, macht ihr das mal alleine.“ Man kann da einfach den Fokus auf das legen, was man gut kann und machen möchte – und dann steigt ja auch die Motivation.

Vorteil 4: Kollaboration mit Externen

Last but not least, ein wichtiger Vorteil: Wenn man kollaborativ kommuniziert, dann kann man Teilaufgaben an Leute abgeben, die noch nicht lange oder nicht dauerhaft Teil des Vereins sind.

Wenn man zum Beispiel einem Mitglied, welches selber erst seit ein paar Wochen im Verein ist, die Aufgabe gibt, den Newsletter zu schreiben, wird die Person entgegnen: „Ich weiß ja gar nicht, was genau passiert ist!“ Man könnte der Person aber eine Teilaufgabe geben, z.B. die Stichworte einer anderen Person schön zu formulieren oder die Grafik zu machen. Das geht auch ohne den Kontext zu kennen.

Außerdem sind diese Art von Aufgaben eine gute Gelegenheit sowas wie Kurzzeitengagement, Skilled Volunteering oder Corperate Volunteering auszuprobieren.

Was damit gemeint ist: unter Kurzzeitengagement versteht man projektbasiertes Engagement, wo man nicht festes Mitglied eines Teams wird oder einen Posten übernimmt, sondern nur im Rahmen einer bestimmten Aktivität oder eines Projekts mithilft.

Tipp: Vostel.de vermittelt Kurzzeitengagement. Vostel im Interview im Podcast (Folge 013)

Bei Skilled Volunteering ist gemeint, dass Menschen sich in einem Bereich engagieren, in dem sie eine Ausbildung, Fachkenntnisse oder Praxiskenntnisse haben. Das heißt, eine Grafikdesignerin, für die  es täglich Brot ist, Pixel in Photoshop hin und her zu schieben, könnte sich bei euch engagieren, indem sie den Flyer layoutet. Für sie ist das mit ihren Grafikdesign-Fachkenntnissen ja kein Problem, während ihr euch die aufwändig reinfuchsen müsstet.

Tipp: Bei Youvo.org könnt ihr Kreative für Skilled Volunteering finden. Youvo im Interview im Podcast (Folge 017)

Unter Corporate Volunteering versteht man, dass ganze Unternehmen oder Abteilungen sich engagieren. Oft ist das Engagement eventbasiert, um a) Gutes zu tun, aber auch b) sich als Team besser kennenzulernen. Im Gegensatz zu klassischen Teambuilding-Aktivitäten entscheidet man sich dann, ein zwei Tage lang eine Kindertagesstätte zu renovieren oder den Garten vom Altersheim umzugraben und gemeinsam neue Blümchen zu pflanzen.

Auch hier ist natürlich ganz viel Potenzial für Kommunikationsaufgaben: Das heißt, man könnte zum Beispiel eine Werbeagentur fragen, ob sie nicht Lust haben sich zu engagieren und mit ihren Fachkenntnissen zu helfen.

Schaut doch mal, ob Kontakte habt und Unternehmen findet, die Lust haben sich zu engagieren und das zum Beispiel als Teil von ihrem CSR-Programm zu machen. (Tipp: Solche Aktionen finden auch oft mit Auszubildenden statt.)

Hoffentlich hat euch diese Folge jetzt inspiriert und ihr habt schon Ideen, wie ihr gemeinsam kommunizieren könnt, statt das alles nur auf den armen Pressebeauftragten zu schieben. ?

Zu guter Letzt können wir euch den Blogartikel „kollaboratives Marketing“ von Das Gute ruft ans Herz legen. Sie haben dort gezeigt, wie man beispielhaft kollaborative Marketingaktionen machen kann.

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