Wir reden heute über Mathe! Aber keine Sorge, wenn das nicht euer Lieblingsfach in der Schule war. Es wird keine schwierige Mathematik. Zumindest die Rechenwege, über die wir heute sprechen, sind sehr einfach. Das Problem ist eher, dass man entweder die passenden Zahlen nicht hat oder dass man gar nicht erst weiß, dass man hier Mathe einsetzen kann!

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Wie so oft in diesem Podcast benutzen wir heute wieder ein Konzept aus dem (Online-) Marketing. Nun sind in gemeinnützigen Organisationen meist keine Marketingprofis für die Kommunikation zuständig, sondern Ehrenamtliche. Deshalb möchte ich euch heute das Konzept näher bringen und zeigen, wie ihr damit eure Öffentlichkeitsarbeit verbessern könnt.

Was ist die Conversion Rate?

Der Begriff, um den es geht, heißt Conversion Rate. Übersetzt bedeutet Conversion so viel wie Konvertierung oder Umwandlung. Damit ist gemeint, dass eine Person eine gewünschte Handlung durchführt. Die Conversion Rate ist dann die Prozentzahl oder das Verhältnis an Aktionen. Also wenn ich z.B. 500 Leuten einen Flyer in die Hand drücke, und 50 davon kommen zum Event, dann habe ich eine Conversion Rate von 10%.

Im Marketing übliche Conversions sind zum Beispiel:

  • auf eine Website klicken
  • im Shop etwas kaufen
  • für einen Newsletter anmelden

Bevor ihr jetzt abschaltet, weil ihr denkt: “Wir haben ja keinen Shop!” – halt, stop!

Wir nutzen heute das Prinzip der Conversion Rates und übertragen das auf eure Öffentlichkeitsarbeit.

Conversion Rates in der Öffentlichkeitsarbeit

Eure Öffentlichkeitsarbeit hat ja verschiedene Ziele. Zum Beispiel möchtet ihr damit die Mitgliedergewinnung unterstützen, oder das Fundraising, oder die Bekanntheit eurer Organisation stärken.

Nehmen wir mal das Thema Mitgliedergewinnung als Beispiel.

Jetzt ist es ja nicht so, dass neue Mitglieder plötzlich puff magisch vor euch auftauchen, sondern sie durchlaufen einen Prozess.

Der könnte zum Beispiel so aussehen: sie hören von euch → informieren sich auf eurer Website → sie kommen zum Infoabend → sie unterschreiben einen Mitgliedsantrag.

Bei jedem dieser Schritte werden Leute abfallen. Nicht jede Person, die von euch hört, informiert sich. Nicht jede*r, der/die zum Infoabend kommt, will dann wirklich Mitglied werden. Oder andersherum, diejenigen, die die Handlung durchführen, die berechnen wir in der Conversion Rate.

Also wenn zum Beispiel 20 Leute zum Infoabend kommen und davon 15 Mitglieder werden, habt ihr eine exzellente Conversion Rate von 75%. Wenn von 20 Besucher*innen nur 2 wirklich die Entscheidung treffen, Mitglied zu werden, dann ist die Conversion Rate nur bei 10%.

Also ihr seht, die Mathematik ist echt nicht schwierig!

Conversion Rates benutzen, um Vergleiche zu ziehen

Jetzt ist die Frage: Was ist denn realistisch, oder was ist normal? Sind 10% oder 75% Conversion bei einem Vereins-Infoabend üblich?

Die Frage kann ich euch nicht beantworten. Denn am wichtigsten ist der Vergleich mit euch selbst. Sprich, ihr müsstet jetzt für alle zukünftigen Infoabende diese Zahlen tracken: Wie viele haben teilgenommen und wie viele davon sind Mitglieder geworden? Vielleicht könnt ihr sogar die Zahlen aus der Vergangenheit herausfinden. Und dann könnt ihr den Durchschnitt berechnen und stellt zum Beispiel fest, dass ihr durchschnittlich eine Conversion Rate von 55% habt, also etwas mehr als die Hälfte eurer Infoabendbesucher*innen entscheiden sich, bei euch mitzumachen.

Wenn ihr den Durchschnitt kennt, werdet ihr schnell Ausreißer identifizieren können. Was haben wir bei diesem Infoabend besonders gut gemacht, so dass dort die CR bei 80% lag? Was ist bei diesem Infoabend schief gelaufen, wo nur 10% sich entschieden haben, bei uns mitzumachen?

Durch diese Vergleiche könnt ihr also eure eigenen Handlungen optimieren.

Natürlich könnt ihr euch auch mit anderen, befreundeten Organisationen vergleichen. Oder wenn ihr ein Ortsverein einer Organisation seid, die es in verschiedenen Städten gibt: Sammelt doch mal diese Daten bundesweit und vergleicht euch!

Mit Conversion Rates herausfinden, wo man ansetzen kann

Jetzt ist dieser Prozess, bei euch Mitglied zu werden, ja ein bisschen komplexer. Zum Infoabend gehen ja nur Leute, die schon ernsthaftes Interesse haben.

Was macht ihr denn davor? Wie ladet ihr Leute zum Infoabend ein?

Vielleicht…

  • hängt ihr Plakate auf
  • verteilt Flyer
  • postet ihr auf Social Media
  • verschickt ihr Newsletter
  • bittet bestehende Mitglieder, ihre Freund*innen einzuladen
  • bittet ihr Partnerorganisationen, Einladungen für euren Infoabend herumzuschicken
  • schickt ihr eine Pressemitteilung an die Lokalzeitung
  • schaltet ihr eine Werbeanzeige in der Zeitung
  • oder vielleicht macht ihr etwas ganz anderes!

Für all diese Aktivitäten könnt ihr jetzt (theoretisch, wenn ihr die Daten habt!) wiederum die Conversion Rate berechnen.

Also, wie viele der Personen, denen ich einen Flyer in die Hand gedrückt habe, sind zum Infoabend gekommen?
Ihr wisst ja, wie viele Flyer ihr verteilt habt (z.B. 200) und könnt dann beim Infoabend die Leute fragen, wie sie auf euch aufmerksam geworden sind (z.B. mündlich bei der Begrüßung, oder zum Ankreuzen, oder spätestens wenn sie dann wirklich Mitglied werden – dann ist die CR etwas verfälscht, aber besser als nichts.)
Dann findet ihr zum Beispiel raus, dass eure CR bei Flyern nur 1% beträgt (also durch die 200 Flyer sind 2 Leute gekommen), aber von den 10 Leuten, die von bestehenden Mitgliedern eingeladen worden sind, kamen 5, also 50% CR.
Diese Daten geben euch einen Hinweis darauf, welche ÖA-Maßnahmen wirkungsvoll sind und welche eher Zeit- und Geldverschwendung. (Dazu passt zum Beispiel die Methode zur Effort-Impact-Matrix!)
Natürlich würde ich jetzt basierend auf einmaligen Daten von einem Infoabend nicht gleich die komplette Kommunikationsstrategie über den Haufen werfen, sondern das erstmal beobachten. Vielleicht kann man ja – bevor man beschließt, nie wieder Flyer zu bestellen – erstmal das Flyerdesign anpassen und schauen, ob diese Flyer besser funktionieren. Oder man ändert den Ort, wo man flyert. Oder den Zeitpunkt.
Ihr seht schon, da gibt es viele Möglichkeiten, das zu testen und zu optimieren!
Wenn ihr zum Beispiel das Flyerdesign überarbeitet und mit dem neuen schönen Flyer die Conversion Rate von 1% auf 3% steigt, dann habt ihr mit dem gleichen Aufwand (also den gleichen Druckkosten für die Flyer und dem gleichen Zeitaufwand fürs Verteilen) bessere Ergebnisse!
Oder wenn ihr merkt, ihr bekommt zwar viele Leute zum Infoabend, aber von den Anwesenden könnt ihr nur einen kleinen Teil überzeugen, Mitglied zu werden: Dann arbeitet erstmal am Inhalt, statt noch mehr Leute zu eurem ineffektiven Infoabend zu leiten!

Kommunikation nicht mehr als Black Box betrachten

Wozu ich euch mit dieser Folge inspirieren möchte: Auch wenn ihr Mathe nicht mögt; schaut mal drauf, wo ihr alles Daten sammeln und auswerten könnt.

Statt ein Dutzend Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit zu nutzen und dann nicht zu wissen, was wirklich etwas bringt, wie bei einer Black Box, könnt ihr durch das Berechnen der Conversion Rates besser sehen, was schon gut funktioniert, wo Optimierungspotenzial ist und was ihr vielleicht einfach ganz sein lasst.

Rückwärts rechnen: wie viele Leute müssen wir erreichen?
Grundsätzlich wollen wir in der Öffentlichkeitsarbeit natürlich “so viele Leute wie möglich” erreichen. Wenn wir unsere Conversion Rates kennen, können wir aber ausrechnen, wie viele wir denn konkret oder mindestens brauchen!
Angenommen, euer Verein macht jedes Semester einen Infoabend. Aktuell wünscht ihr euch ungefähr 5 neue Mitglieder für euren Verein. Bei einer durchschnittlichen Conversion Rate von 55% bräuchtet ihr also 9 oder eher 10 Leute, die zum Infoabend kommen. Wenn ihr jetzt auch noch wisst, wie die Conversion Rates der anderen Maßnahmen sind, könnt ihr ausrechnen, wie viele wohl zum Infoabend kommen. Also wenn ihr 1% Conversion Rate durch Flyer habt, müsstet ihr 1000 Flyer verteilen. Wenn ihr außer flyern noch andere Sachen macht, z.B. Werbeanzeigen oder Social-Media-Posts, könnt ihr ausrechnen, dass vermutlich 3 Leute von euren 300 Flyern kommen, 4 Leute von Werbeanzeigen und 3 durch Social Media – ihr müsstet also genug Besucher*innen zusammentrommeln!
Dieses Rechenspiel funktioniert natürlich nicht unendlich. Ihr könnt nicht jeden Tag 300 Flyer vor der Kleinstadtmensa verteilen, irgendwann habt ihr dadurch einfach alle Mensa-Gänger*innen erreicht. Und wenn euer Mitglied Johannes andauernd versucht, seine drei WG-Mitbewohner*innen zum Mitmachen zu überreden, wird das auch nicht funktionieren. Entweder Johannes fragt neue Leute – zum Beispiel Leute aus seinem Studiengang, von seinem Nebenjob oder aus seinem Sportverein; oder Johannes hält die Füße still und stattdessen beginnt ein anderes Mitglied, im Bekanntenkreis für den Verein zu werben.

Conversion Rates sind überall

Und hey, wenn ihr jetzt eingeschüchtert seid von Daten und Co: Ihr habt sicher schonmal mit Conversion Rates gearbeitet, wenn auch nicht unter diesem Namen.

Wenn ihr zum Beispiel ein Newslettertool habt, dann seht ihr ja, wie viel % die E-Mail geöffnet haben. Das ist eine Conversion. Oder wenn ihr in eure Post- oder Account-Insights bei Instagram schaut: Da seht ihr zum Beispiel: 500 Leute haben euren Post gesehen, davon 400 bestehende Follower*innen und 100 neue Leute. Zwei von den 100 neuen Leute sind euch gefolgt – also eine 2% Conversion! Oder andersherum: Wenn ihr euch fragt, warum ihr bei Instagram keine neuen Follower bekommt und in eurer Statistik seht, dass eure letzten Postings ausschließlich von Leuten gesehen wurden, die euch schon folgen – dann ist ja klar, dass ihr keine neuen Follower bekommt. Das wäre also ein Hinweis, an eurer Instagram-Strategie zu arbeiten, damit mehr neue Leute überhaupt euren Content sehen. Und ein Prozentteil von denen werden dann folgen.

In diesem Sinne wünsche ich euch viel Spaß, eure Daten unter die Lupe zu nehmen und für die nächste Aktion (wie zum Beispiel ein Infoabend, oder eine Spendenaktion, oder etwas anderes) zu überlegen, auf welchem Weg ihr da die Conversions und die Conversion Rate berechnen könnt!

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