Warum ihr lieber keinen Social-Media-Adventskalender machen solltet

Wenn ich in Workshops darüber spreche, wie man sich die Social-Media-Arbeit mit wiederkehrenden Formaten und Serien leichter machen kann, sehe ich oft Glühbirnen aufgehen – und eine Idee wird meistens ganz schnell in den Raum geworfen: 

“Wir können ja einen Adventskalender machen!” 

Im Prinzip, ja. Speziell einen Adventskalender würde ich in den meisten Fällen aber eher nicht empfehlen. 

Hier sind meine Gründe dafür – in Form von Fragen.

(Und wenn ihr alle Fragen mit “das ist kein Problem für uns!” beantwortet und trotz meiner Einwände einen Adventskalender machen wollt, dann könnt ihr das natürlich tun!) 

Grund 1: Was ist das Ziel des Adventskalenders? 

Hat die Person das nur vorgeschlagen, weil ihr der Adventskalender als erstes eingefallen ist? Oder steckt ein wirkliches Ziel dahinter, das auf die Organisations- und Kommunikationsziele der Organisation einzahlt? 

Adventskalender kennen wir aus dem privaten Bereich, wo wir für Kinder oder Partner*innen einen individuellen Adventskalender basteln; oder uns über die leckere Schokolade aus einem gekauften Kalender freuen. Social-Media-Adventskalender sind auch nichts Neues und werden von verschiedenen Organisationen erstellt. Im kommerziellen Bereich oft in Verbindung mit einem Gewinnspiel oder einer Mitmachaktion. 

Als Verein kommt ein Giveaway oder Gewinnspiel für euch wahrscheinlich eher nicht in Frage (und sie wirken meistens eh nur sehr kurzfristig…) – also: ist der Adventskalender strategisch, oder nur eine nette Idee?

Grund 2: von Null auf täglich posten – schafft ihr das?! 

Die meisten Vereine und sozialen Organisationen, die ich in Workshops und Beratungen kennenlerne, haben nicht so ein gutes Verhältnis mit Social Media. 

Sie empfinden es häufig als eine aufwändige Maßnahme, deren Ergebnisse nicht so recht greifbar sind. Dementsprechend steht Social Media oft weiter hinten auf der Prioritätenliste und wird nicht regelmäßig gepflegt. Oder, im Klartext: viele Vereine posten nur sehr unregelmäßig und nur dann, wenn sie etwas konkretes von ihren Follower*innen wollen, z.B. eine Veranstaltung bewerben. 

Vereine, die bisher nur alle paar Wochen von sich hören lassen, und jetzt einen täglichen (!) Adventskalender planen, vervielfachen damit ihre Postingfrequenz. Der zugehörige Aufwand in der Erstellung und Verwaltung der Inhalte wird dabei unterschätzt, da es eben nicht leicht und routiniert von der Hand geht. 

Im schlimmsten Fall wird das dazu führen, dass der Adventskalender nach der Hälfte der Zeit aus Ressourcenmangel abgebrochen wird. 

Grund 3: Ihr geht unter im Lärm der Vorweihnachtszeit

Ihr werdet nicht die einzigen sein, die auf die Idee eines Social-Media-Adventskalender kommen. Viele Organisationen, Unternehmen und Einzelpersonen werden euch gleichtun. 

Versetzt euch in die Lage eurer Follower*innen: Sie werden ab dem 1. Dezember also Dutzende Adventskalender-Beiträge in ihrem Feed sehen. 

Dazu kommen noch die Werbeanzeigen und Kampagnen. Das 4. Quartal ist in der Werbebranche berühmt-berüchtigt dafür, hier mit den vielen Feiertagen und Geschenkanlässen nochmal richtig Umsatz zu machen. Es werden also *alle* ihre Kommunikationsquantität hochdrehen – da könnt ihr leicht untergehen. 

Grund 4: Habt ihr genug zu sagen für 24 Beiträge?!

Wie oben schon angedeutet: So ein Adventskalender ist viel Arbeit. Und nicht nur das Ausführen, also das Gestalten von Grafiken oder das Drehen und Schneiden von Videos ist hier gemeint. Allein die Ideenfindung nimmt viel Hirnschmalz ein. 

Ganz plump gefragt: Habt ihr genug zu sagen? Habt ihr 24 gute Ideen für 24 Beiträge? 

Bitte plant nicht einfach nur einen “lustigen Spruch” ein oder ein weihnachtliches Stock-Foto. Die Feeds sind in der Vorweihnachtszeit schon besonders voll mit Beiträgen und Werbung, da werdet ihr mit eurem lieblosen oder unoriginellen Content keinen Blumentopf gewinnen. 

Grund 5: Was ist eure Verbindung zu einem christlichen Feiertag? 

Wenn ihr Teil einer christlichen Wohlfahrtsorganisation oder ein Kirchenchor seid, dann könnt ihr diese Frage überspringen. 

An alle anderen: Was genau verbindet euren Verein mit Weihnachten, dass ihr diesem Feiertag so einen großen Raum einräumt? (Vor allem, wenn ihr sonst eher alle paar Wochen was postet…) 

Man könnte natürlich argumentieren, dass ein Adventskalender einfach Teil der Kultur ist und auch Menschen, die nicht religiös sind, einen Adventskalender als schönes Ritual in der kalten Jahreszeit pflegen. 

Andererseits – gerade wenn ihr in eurer Organisation viele Mitglieder anderer Glaubensgemeinschaften habt – könnt ihr euch auch fragen: Ist es unfair, wenn wir dem christlichen Weihnachtsfest so viel Raum geben und andere Feiertage ignorieren? Machen wir demnächst auch was zum Ramadan, Pessach oder dem Neujahrsfest der Orthodoxen? 

Strategischer Bonus-Grund: Ein Adventskalender schadet euch eher, als dass er nützt 

In den oberen Gründen habe ich jetzt einige Punkte angesprochen, die im Worst Case so aussehen: 

  • ihr seid überfordert von dem Anstieg der Postingfrequenz
  • es gehen euch die Ideen aus
  • eure Beiträge werden qualitativ nicht so gut
  • eure Beiträge gehen im Feed zwischen den ganzen anderen Postings unter

Das wird dazu führen, dass eure Engagement Rate, also das Verhältnis der Menschen, die euren Beitrag sehen und dann damit auch etwas machen (liken, kommentieren, speichern, teilen) sinkt. Und das wiederum ist ein schlechtes Signal für den Algorithmus. 

Wenn dieser eure Beiträge als nicht so gut/relevant einstuft, wird damit eure Reichweite in Zukunft sinken. Dann habt ihr viel Arbeitskraft in den Social-Media-Adventskalender gesteckt und startet mit einer schlechteren Ausgangslage in den Januar. 

Alternativen zum Social-Media-Adventskalender

Wenn ihr euch gegen einen täglichen Adventskalender entschieden habt, aber trotzdem im Dezember nicht euer übliches Social-Media-Programm fahren wollt, dann findet ihr hier drei Alternativen: 

  1. Postet nur zu den vier Adventssonntagen
  2. Erstellt Jahresrückblickposts und anderen Content, der zur Weihnachtszeit passt, aber verzichtet auf die tägliche Postingfrequenz
  3. (Plattformabhängig:) Führt euren täglichen Adventskalender nicht auf eurer Hauptplattform oder als “Hauptbeitrag” durch. Bei Instagram/Facebook: Postet als Story statt Beitrag. Bei E-Mail- oder Messenger-Newslettern: Erstellt eine separate Liste für den täglichen Newsletter und bietet den Leuten die Wahl: wollt ihr wie immer wöchentlich von uns hören, oder im Dezember täglich? 

Und wenn es doch der Adventskalender sein soll… 

Meine Position kennt ihr ja jetzt – wenn ihr euch aber trotzdem dazu entscheidet, dann versprecht mir bitte, dass ihr JETZT mit der Planung anfangt. Im Idealfall sollten am 1.12. schon alle Beiträge fertig sein. Ihr werdet in der Weihnachtszeit im Engagement, im Privatleben und im Beruf noch genug zu tun haben – dann auch noch an dem Tag, an dem er online gehen soll, einen neuen Beitrag zu gestalten wird nicht drin sein. 

Egal wie ihr euch entscheidet – wir wünschen euch eine entspannte Vorweihnachtszeit! 

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